Ich werde häufig gefragt, wie ich mich heute noch sozialen Netzwerken wie Facebook und Co. entziehen kann. Diese Frage zu beantworten ist ungleich schwerer als die Frage nach dem Computer oder Smartphone meiner Wahl. Die Gründe dafür sind vielfältig. Seit Jahren informiere ich mich über Neuigkeiten aus der Welt der Informationstechnik, lese Berichte, Kolumnen, Kritiken und Meinungen, die mir mittlerweile einen ganz eigenen Eindruck von Facebook und Co. verschafft haben. Der Nutzen steht ja für viele außer Frage. Der Reiz mit jedem in Kontakt treten zu können, immer über Neuigkeiten aus dem Leben anderer informiert zu sein, Veranstaltungen und Treffen gemeinschaftlich zu planen und zu organisieren. Schlichtweg sein Privatleben perfekt im Griff zu haben und nichts mehr zu verpassen.

Lassen wir aber mal alle praktischen Vorteile außen vor und schauen uns – ganz losgelöst– ein paar Zahlen am Beispiel von Facebook an. Einem Unternehmen, dass täglich etwa 700.000 neue User gewinnt und seit Gründung 2004 inzwischen über eine Milliarde Nutzer vorweisen kann – quasi einem Siebtel der Weltbevölkerung. Zusätzlich sollte man sich vor Augen führen, dass ein großer Teil der auf der Erde lebenden Menschen – nämlich eine weitere Milliarde – nicht einmal genug zu Essen haben, ergo auch kein Computer besitzen. Rechnen wir außerdem alle unter 10-jährigen und über 60-jährigen raus, ist Facebook mittlerweile bei den meisten Menschen angekommen. So stellt sich mir die Frage:

„Ist es richtig einem privat geführten Unternehmen eine derartige Verantwortung zu geben?”

Einem Unternehmen, das private und sensible Informationen über uns speichert und verarbeitet. Mich persönlich stört es wenig, wenn ich als anonymer Wert einer amorphen Masse aus Marktforschungsdaten ausgewertet werde. Vielleicht dient es ja einem höheren Zweck. Was mich hingegen beunruhigt ist der Gedanke, dass am Beispiel von Facebook persönliche Daten evtl. verkauft, ausgewertet und auf manipulative Art und Weise – augenscheinlich für mich – aber in Wirklichkeit gegen meinen ausdrücklichen Wunsch eingesetzt werden könnten. Das ist zwar Zukunftsmusik und subjektiv, jedoch nicht undenkbar.

Ich glaube, dass wir uns in einem schleichenden Bewusstseinswechsel befinden. Wir gewöhnen uns an die zunehmende Digitalisierung unserer Umgebung und genießen die Vorteile neuer Kommunikationswege. Der nächste logische Schritt dieser Einflussnahme ist die Vermischung von Virtualität und Wirklichkeit. Nehmen wir an, dass in Zukunft das klassische Plakat als Informationsmedium durch billig produzierte Displays verdrängt wird. Litfaßsäulen bunt leuchten und zum Beispiel multimediale Menükarten – wie zuletzt in der Tageszeitung von Harry Potter gesehen – uns nicht nur über die Wahl der Speisen und Getränke, sondern auch über unsere letzte Party und unsere erst kürzlich mit dem iPhone gemessenen Werte wie Puls, Blutdruck oder Blut-Alkoholwert informiert. Natürlich nicht ganz „uneigennützig” für den Leser – so zumindest die Meinung unserer Krankenkasse der Zukunft. Resultat ist, dass mir vielleicht zum Wohle meiner Gesundheit und eines langen Arbeitslebens – zum Wohle des Sozialstaats – von der Currywurst abgeraten und ein Salat empfohlen wird. Undenkbar ist das sicher nicht. Ist es doch zu meinem Vorteil, oder nicht? AGB’s von privat geführten Unternehmen lassen sich auf jeden Fall anpassen. Schauen wir mal was uns die Zukunft bringt. Datenschützer jedenfalls werden auch weiterhin reichlich zu tun haben.